Der Weg zum richtigen Motorenöl
(nicht von Ulis)
Teil I: die Grundlagen
Unabhängig vom Tagesgeschehen wollen wir den Begriff Schmierung" ausschließlich auf Fahrzeuge beziehen und da wiederum die Probleme ins Auge fassen, denen sich Besitzer und Restaurateure von Oldtimern gegenübersehen.
Wer sich ernsthaft mit der Materie befaßt, stößt irgendwann auf die unausweichliche Frage: welches Öl ist für meinen alten Motor oder mein altes Getriebe geeignet? Kann ich unbedenklich ein modernes Hochleistungsöl einfüllen, oder sind dabei Schwierigkeiten oder sogar Schäden zu erwarten? Muß ich unbedingt das vor dem Krieg vorgeschriebene Einbereichsöl irgendwo auftreiben, oder kann ich beispielsweise ebenso gut ein 5W-50 Öl einfüllen?
Diese und ähnliche Fragen sind bereits früher erörtert worden. Inzwischen jedoch haben sich einige Firmen dieser Probleme angenommen und versucht, akzeptable Lösungen zu finden. Außerdem sind nicht nur neue Produkte, sondern auch neue, fundierte Erkenntnisse zugänglich geworden. Zunächst jedoch müssen wir einmal die wichtigsten Grundlagen der Schmierung von bewegten Teilen rekapitulieren.
Bereits in der Antike war den ersten Wagenbauern schon aufgefallen, daß sich die primitiven Holzräder auf ihren ebenso primitiven Holzachsen leichter und mit weniger Quietschen und Knarren bewegen ließen, wenn die mit Fett beschmiert wurden. Zur Verfügung standen damals tierische Fette, vorzugsweise Rindertalg, für den man ohnehin sonst kaum Verwendung hatte. Dieses ziemlich steife Fett blieb außerdem länger in den mit reichlich Spiel gefertigten Lagern und verringerte den Kraftbedarf zum Bewegen eines schwer beladenen Wagens ganz beträchtlich. Über einige Jahrtausende änderte sich in dieser Hinsicht so gut wie nichts, bis mit der Erfindung der Dampfmaschine das industrielle Zeitalter hereinbrach und urplötzlich schnellaufende Maschinen Schmierstoffe forderten, die in der Lage waren, sich selbst dorthin zu begeben, wo sie gebraucht wurden. Glücklicherweise kam etwa zur gleichen Zeit jemand dem Geheimnis der Destillation von Erdöl auf die Spur. Nun hatte man endlich einen flüssigen Schmierstoff, ohne den die industrielle Revolution und insbesondere die Entwicklung schnellaufender Maschinen gar nicht möglich gewesen wäre. Schon im Jahr 200 unserer Zeitrechnung baute Heron von Alexandrien so etwas wie eine primitive Dampfturbine; er mußte scheitern, weil die technologischen Voraussetzungen zur praktischen Verwertung seiner Erfindung nicht gegeben waren. Jede große Idee braucht zu ihrer Verwirklichung eben das entsprechende Umfeld.
Was das Maschinenzeitalter betraf, mußten erst brauchbare Stähle und Lagerwerkstoffe zur Verfügung stehen, notwendige Werkzeuge und Bearbeitungsmaschinen, ebenso brauchbare Schmiermittel. Nur all dies zusammen konnte den rasanten Aufschwung der Technik hervorbringen. Die ersten Öle waren noch ziemlich zäh (sie mußten ja dem heißen Dampf in den Zylindern standhalten) und enthielten eine Menge Nebenprodukte wie Schwefel, Phosphor und Paraffin. Im Laufe der Zeit wurden immer mehr neue und verbesserte Schmierstoffe entwickelt, was die Ingenieure in die Lage versetzte, immer schneller laufende Maschinen zu bauen. Diese Entwicklung bei gegenseitiger Abhängigkeit ist bis heute nicht beendet. Wenige Jahre nach Beginn der Motorisierung die besonders in den USA infolge der großen Entfernungen und dank der Fließbandproduktion durch Henry Ford wesentlich schneller vorankam als im engen, alten Europa war klar, daß für bestimmte Dinge eine Normung unerläßlich war, und so wurde die SAE gegründet, die Society of Automotive Engineers". Diese Vereinigung bemühte sich auch um eine Klassifizierung der verschiedenen Schmierstoffe und sortierte diese je nach ihrem Fließvermögen in verschiedene SAE-Klassen. Je niedriger die Zahl, desto dünner ist das Öl. Dabei sagt die SAE-Zahl überhaupt nichts über die Schmierfähigkeit, Scherfestigkeit oder Alterungsbeständigkeit aus. Dafür wurde nachträglich die API-Klassifizierung geschaffen (nach American Petroleum Institute), die jedes Öl hinsichtlich der erwähnten Kriterien bewertet. Ganz grob ausgedrückt, ist die Qualität (besonders die Druckfestigkeit) um so höher, je weiter hinten im Alphabet der Kennbuchstabe angesiedelt ist. So erfüllt ein Öl der API-Klasse SF oder SG höhere Ansprüche als eines der Klasse SE. Dabei bedeutet der vorgesetzte Buchstabe S, daß das Öl für die Verwendung in Benzinmotoren vorgesehen ist. Für Dieselmotoren steht der Buchstabe C. Steht nun z. B. auf dem Kanister API SF-CC, so bedeutet das, daß dieses Öl für normale Benzinmotoren und nicht aufgeladene Dieselmotoren geeignet ist. Für ausgesprochene Hochleistungsmotoren wäre API SG besser geeignet, und für Diesel mit Turbolader muß die Qualität CD verwendet werden. Da jedoch die API-Klassifikation vor allem auf amerikanische Verhältnisse zugeschnitten ist, wo großvolumige, relativ langsam laufende Motoren mit geringer Literleistung den Durchschnitt darstellen (sozusagen Oldtimer neuesten Datums), wurde für europäische Verhältnisse eine Klassifikation eingeführt, welche die Bezeichnung CCMC trägt (für Comité des Constructeurs d'Automobiles du Marché Commun"), die natürlich wieder andere Codes einführte. Für moderne Motoren wäre also soweit alles klar. Aber was ist mit unseren alten Schmuckstücken? Um das zu klären, müssen wir wieder einen Zeitsprung machen und auf die Entwicklung der Fahrzeugmotoren eingehen. Von der Zeit der ersten Motorfahrzeuge bis in die zwanziger Jahre hinein waren alle Motoren zumindest was ihre Hauptlager und Nockenwellenlager betrifft gleitgelagert. Automotoren sind das bis heute unverändert, und auch bei den Motorrädern überwiegt heute (wieder) die Gleitlagerung, insbesondere bei zwei- und vierzylindrigen Maschinen. Bei den Motorradmotoren ging man schon sehr früh dazu über, die Pleuel auf Rollen zu lagern, während man vor allem bei hubraumschwachen Motoren noch lange nicht zuletzt aus Preisgründen an gleitgelagerten Kurbelwellenhauptlagern festhielt. Diese wurden mittels einfacher Pumpen tropfenweise mit frischem Öl versorgt, was für die Lagerschmierung durchaus genügte. Das aus dem Lager sickernde Öl wurde über das Entlüftungssystem schlicht ins Freie geblasen. Daher spricht man in diesen Fällen von Frischöl- oder Verlustschmierung. Der Ölverbrauch war nicht sehr hoch und spielte bei Einzylindermotoren keine große Rolle. Anders sah es dagegen bei vierzylindrigen Automotoren aus. Da mußte man von Anfang an darauf achten, das Öl im Motor zu behalten und möglichst lange zu verwenden. Also mußte das Öl nach Gebrauch wieder in einen Vorratsbehälter die Ölwanne zurücklaufen, um von neuem zu den Schmierstellen gefördert zu werden. Diese Förderung bedingte nicht nur eine Ölpumpe, sondern auch entsprechende Leitungen und Kanäle sowie Bohrungen in der Kurbelwelle, die von Lager zu Lager und von Hubzapfen zu Hubzapfen führten, was nicht nur Probleme bei der Fertigung brachte (bohren Sie mal ein 150 mm langes Stück Rundmaterial durch, und schauen Sie, wo Sie herauskommen!), sondern neben erhöhten Kosten auch die Bruchgefahr vergrößerte. Manche Motoren hatten daher eine simple Tauchschmierung, bei der das Pleuel mit einem angegossenen Finger in ein ölgefülltes Wännchen tauchte und das Öl überall hin spritzte. Ein paar Tropfen gelangten dabei auch ins Pleuellager, und das hatte zu genügen! Öldruck-Fetischisten, denen der Druck im Schmiersystem gar nicht groß genug sein kann, sollten sich diese Tatsache vor Augen halten. Immerhin waren so erfolgreiche Fahrzeuge wie der Austin Seven oder sein deutscher Zwilling, der BMW Dixi, mit nichts anderem ausgestattet und hatten keine Schwierigkeiten damit. Mit höheren Drehzahlen und Leistungen jedoch steigen nicht nur die Anforderungen an Schmierfähigkeit und Druckfestigkeit; das Öl wurde auch immer mehr für Kühlungsaufgaben herangezogen. Woraus sich wieder die Frage ergibt: Wieso wird das Öl jetzt heißer als früher? Bekanntlich weist auch eine augenscheinlich völlig glatte Fläche Unebenheiten auf, die durch die Bearbeitung entstehen und nicht zu vermeiden sind. Die Oberfläche dieser Unebenheit ist dabei scharfkantig, und wenn man zwei völlig trockene, anscheinend glatte Teile aufeinanderlegt, muß man besonders wenn von oben noch ein gewisser Druck ausgeübt wird beträchtliche Kraft aufwenden, um sie gegeneinander zu verschieben. Prüft man hinterher beide Flächen mit einer Lupe oder einem Mikroskop, wird man eine Menge frischer Kratzer feststellen. Die Ursache ist einfach: Beim Verschieben sind viele der hervorstehenden Spitzen beider Oberflächen abgebrochen und haben Furchen gegraben. Wischen wir diese Verschleißpartikel sauber ab und geben nur einen oder zwei Tropfen Öl zwischen die Platten, so geht das Verschieben bedeutend leichter, und Riefen gibt's auch nicht mehr. Das Öl hat die obere Platte etwas angehoben, so daß sich die Spitzen der Unebenheiten nicht mehr berühren. Damit tritt kein Verschleiß mehr ein. In einer Lagerbüchse, in der ein Wellenzapfen umläuft, wird das zugeführte Öl vom drehenden Zapfen mitgenommen und in den Spalt zwischen Zapfen und Lagerbüchse gepreßt. Dadurch bildet sich ein keilförmiges Polster, das seine größte Tragfähigkeit an der engsten Stelle hat und als Schmierkeil bezeichnet wird. Die Kraft dieses Schmierkeils ist so groß, daß die Welle von der Büchse abgehoben wird und frei im Öl schwimmt. Damit findet keine metallische Berührung mehr statt.
Tatsächlich entsteht praktisch der gesamte Lagerverschleiß beim Starten eines Motors. Wenn nach längerem Stillstand das gesamte Öl aus den Lagern gelaufen ist, entsteht beim Anlassen trockene Reibung, die allenfalls durch eine dünne Ölschicht gemildert wird, die sich an der Lager-Oberfläche gehalten hat. Dieser Zustand dauert so lange an, bis die Ölpumpe genügend Öl zu den Lagern gefördert hat, um die Zapfen wieder zum Schwimmen zu bringen. Hier sind übrigens Motoren mit Schleuderschmierung eindeutig im Vorteil, weil sie von der ersten Umdrehung an bereits Öl überall hin spritzen. Dabei wird dünnes Öl natürlich schneller hochgepumpt als dickes. Weil kaltes Öl dicker ist als heißes, braucht man im Winter dünneres Öl. Andererseits darf das Öl auch wieder nicht zu dünn sein, weil es bei der Erwärmung noch dünner wird und dann seine Schmierfähigkeit leidet. Daher hat man die sogenannten Mehrbereichsöle entwickelt, die im Winter dünn und im Sommer dick sind. Der Trick dabei sind die sogenannten VI-Verbesserer. Das sind Kettenmoleküle, die im kalten Zustand etwa wie ein dicht gewickeltes Wollknäuel aussehen und in einer Grundsubstanz aus dünnem Öl schwimmen. Bei höheren Temperaturen gehen diese Knäuel immer mehr auf, die Moleküle strecken sich und dicken das dünne Öl dadurch an.
Die hohen Temperaturen kommen aber nicht nur von außerhalb, sie entstehen auch im Motor selbst. Da ist vor allem die Verbrennungswärme, die von den Kolbenringen auf die Ölschicht der Zylinderwandung und von dieser an das Wasser im Kühlmantel oder über Rippen direkt an die Luft weitergeleitet wird. Der Kolben selbst wird durch umherspritzendes Öl ebenfalls einen Teil seiner Wärme los, und vor allem die Haupt- und Pleuellager entwickeln Reibungswärme, die mit steigender Motordrehzahl ebenfalls ansteigt (Untersuchungen haben gezeigt, daß die durchschnittliche Öltemperatur zwischen 1950 und 1960 pro Jahr um fast 10 Grad angestiegen ist eine Folge der in diesem Zeitraum zu beobachtenden sprunghaften Leistungssteigerung).
Dabei hat die Lagererwärmung nichts mit trockender Reibung zu tun sonst würden die Lager ja sofort fressen , sondern mit der Tatsache, daß auch bei völlig frei im Öl schwimmenden Lagerzapfen die Reibung nicht völlig ausgeschaltet werden kann. Nur findet diese zwischen den einzelnen Flüssigkeitsmolekülen des Öls statt. Immerhin muß bei einem Lagerzapfen von 40 mm Durchmesser und einer Drehzahl von 5000/min ein Geschwindigkeitsunterschied von 37,7 km/h für den Umfang der Welle und 0,00 km/h für die stillstehende Lagerbüchse ausgeglichen werden. Und dieser Ausgleich findet innerhalb der nur etwa ein bis zwei hundertstel Millimeter dicken Ölschicht statt! Kein Wunder, daß den Molekülen dabei ganz schön heiß wird. Darin liegt auch der Grund für die relativ groß bemessenen Ölpumpen, deren Hauptzweck nicht darin besteht, das Lager unter Druck zu setzen (der von der drehenden Welle selbst gebildete Schmierkeil baut einen Druck von mehr als 100 bar auf von daher wirken die 3 bis 8 bar einer Ölpumpe geradezu lächerlich), sondern vor allem möglichst viel kühles Öl durch das Lager zu drücken. Aus diesem Grund sind die meisten Ölwannen unten verrippt, oder es ist sogar ein separater Ölkühler vorgesehen.
Das also ist der Stand der Technik. Bei alten Motoren mit geringer Literleistung ist das jedoch kein Thema. Wobei ich die Grenze für den Begriff alt" etwa in die Mitte der fünfziger Jahre legen möchte. Auch wenn inzwischen die Autos bis zu Beginn der siebziger Jahre als Oldtimer gelten. Im technischen Sinn sind sie eher mit modernen Konstruktionen zu vergleichen besonders, soweit sie bereits mit wirksamen Ölfiltern ausgestattet sind , so daß wir uns in erster Linie auf die Bedürfnisse von Motoren zwischen 1910 und 1950 konzentrieren wollen. Wie bereits erwähnt, betrachtete man in klassischen Zeiten das Öl so gut wie ausschließlich als Schmiermittel, daher hatten die Ölpumpen meist nur relativ geringe Förderleistung. Mehrbereichsöle waren damals unbekannt, daher wurde für Sommer und Winter jeweils eine andere Viskosität (Zähigkeit) vorgeschrieben, z.B. SAE 20 für den Winter und SAE 50 für den Sommer. Generell wurden früher dickere Öle verwendet als heute. Das liegt einmal daran, daß die Motoren langsamer liefen und daher einen weniger tragfähigen Schmierkeil aufbauten, ferner lag es an der Druckfestigkeit der damaligen Öle, die relativ zäh sein mußten, um nicht weggedrückt zu werden (besonders für Sport- und Rennmotoren war mindestens ein Öl von SAE 50 vorgeschrieben). Für besondere Belastungen wurden rizinushaltige Öle eingefüllt erstmalig von Castrol hergestellt , weil das Pflanzenöl Rizinus über ein enormes Haftvermögen und hervorragende Druckfestigkeit verfügt, wie sie früher auf keine andere Weise erreicht werden konnte. Außerdem wußten die damaligen Konstrukteure nichts von Schmierkeilen und ihrer Wirkung, so daß die Lager nicht optimal konstruiert waren und den Schmierkeil unterbrachen, statt ihn aufzubauen. Um so mehr kam es dann auf die Druckfestigkeit des Ölfilms an. Man ging früher davon aus, daß man das Öl durch Kanäle dahin leiten müsse, wo es gebraucht wurde. Also wurden die Lagerschalen mit kreuzförmigen Nuten versehen, die genau an den wichtigsten Stellen für einen teilweisen Zusammenbruch des Schmierkeils sorgten. Man sollte daher bei der Restauration eines alten Motors diese nachteilig wirkenden Spiral- und Kreuznuten nicht wieder sklavisch nachahmen, sondern die Lagerbüchsen nach neueren Erkenntnissen bauen.
Ein anderes Merkmal alter Motoren besteht in der leidigen Tatsache, daß sie fast alle über keine wirksame Reinigungsmöglichkeit für das umlaufende Öl verfügen. Bis weit in die fünfziger Jahre hinein war ein (oft weitmaschiges) Sieb vor der Ölpumpe Stand der Technik. Das hielt so gut wie nichts ab, weshalb manche Konstrukteure auch ganz auf jedes Sieb verzichteten. Im Grunde verhinderte das Sieb lediglich den Ausfall der Ölpumpe durch angesaugte größere Teile, wie in den Motor gefallene Muttern oder dergleichen. Allerdings sorgten die Öle früherer Zeiten selbst für so etwas wie einen Filtereffekt: Sie bildeten nämlich im Lauf der Zeit eine Schlammschicht, die Schmutz und Abrieb aufnahm und so aus dem Ölkreislauf entfernte. Zudem waren kurze Ölwechselintervalle von 1000 bis 2000 Kilometer vorgeschrieben, und manche Hersteller bestanden sogar auf einer inneren Motorreinigung mit einem sogenannten Spülöl (ein dünnes Öl, das meist als Lösungsmittel Petroleum enthielt), das nur wenige Minuten im laufenden Motor verblieb, um den Schlamm in der Ölwanne und den Schmierkanälen zu lösen. Erst danach wurde dann das frische Öl eingefüllt.
Nur einige Autohersteller der Spitzenklasse, wie Maybach, Horch und Mercedes, bemühten sich um eine Filterung des Öls. Dazu wurden meist dicht gepackte Säulen aus dünnen Blechen verwendet, die vor die Ölpumpe geschaltet waren. Zwischen je zwei Blechen war ein dünner Spalt von der Dicke einer Blechscheibe (etwa 0,15 bis 0,2 mm), um das Öl durchzulassen. Da die Gefahr einer Verstopfung groß war, wurden die Spalten durch dazwischenliegende Blechstreifen gereinigt, die sich zwangsweise (z.B. beim Treten des Kupplungspedals) immer ein Stück weiter drehten. Solche Spaltfilter waren jedoch aufwendig und daher nur in der gehoben Preisklasse anzutreffen. Einer der letzten Spaltfilter (wenn nicht der letzte überhaupt) wurde 1953 in die 350er Victoria-Bergmeister eingebaut.
Alle diese und ähnliche Filter waren an der Saugseite, also vor der Pumpe angeordnet. Daher mußte der freie Querschnitt groß genug sein, weil das Öl ja unter Druck stand. Die in den sechziger Jahren immer mehr verbreiteten und heute noch üblichen Papierfilter haben so kleine Poren (etwa 0,025 bis 0,035 mm), daß sie in der Druckleitung angeordnet werden müssen. Die Gefahr für alte Motoren liegt in der Tatsache, daß moderne Öle eine Menge von Zusatzstoffen enthalten, die man früher nicht einmal dem Namen nach kannte. Da gibt es außer den bereits erwähnten VI-Verbesserern noch die Detergents (Reinigungsmittel), die alle Rückstände abbauen oder deren Entstehung verhindern und so den Motor sauber halten. Von Detergents gelöste Schmutzteilchen werden von Dispersant-Additiven umhüllt und in der Schwebe gehalten, um zum Filter transportiert zu werden. Ohne Filter kann der Schmutz nicht abgeladen werden und bleibt im Ölkreislauf. Außerdem enthalten alle Öle noch metallische Beimengungen (vor allem Zinkphosphat), welche die Druckfestigkeit des Ölfilms verbessern. Da die Ölwechselintervalle immer weiter ausgedehnt werden, müssen bestimmte Zusätze im Öl auch noch in der Lage sein, die metallischen Oberflächen des Motors gegen Kondenswasser und Säuren zu schützen, die von Verbrennungsgasen gebildet werden, die zwischen Kolben und Zylinderwand durchblasen. In modernen Ölen kann der Anteil der Additive 20 bis 25 % betragen.
Dabei sind einige dieser Additive so aggressiv, daß sie z.B. Buntmetalle wie Bronze oder Messing angreifen oder Dichtungen quellen lassen, weshalb die Dichtringhersteller ebenfalls neue Materialien einsetzen müssen. Typisches Beispiel hierfür sind die in den meisten Hinterachsen verwendeten Hypoidöle, die besonders dafür geeignete Wellendichtringe verlangen. All diese Ölzusätze waren früher unbekannt und auch gar nicht nötig, weil wegen der kurzen Ölwechselintervalle die meisten Probleme gar nicht erst auftraten.
Auch Dispersant-Additive sind in alten Motoren eher schädlich als nützlich, weil sie Schmutz und Abrieb in der Schwebe halten, jedoch nicht in einem Filter ablagern können (weil ja kein Filter da ist), und daher der ganze Dreck immer wieder von neuem durch den Motor gepumpt wird. Bedenkt man noch die nachteilige Wirkung auf viele alte Dichtungsmaterialien und die mögliche chemische Korrosion von Bronzelagern, so wird klar, daß moderne Öle, so gut sie auch in neuen Motoren sein mögen, für Oldtimer von den fünfziger Jahren abwärts nicht unbedingt das Optimum darstellen.
Ich habe bereits vor einem Jahr bei der Ölindustrie Erkundigungen eingezogen und dabei die Auskunft erhalten, daß man spezielle Öle für Oldtimer wohl nicht auf den Markt bringen werde (weil der zu erwartende Absatz die Investition nicht lohne), einige heute als Kompressoröle verkaufte Schmierstoffe jedoch ziemlich genau den Qualitäten entsprächen, die während der dreißiger Jahre charakteristisch für Motorenöle gewesen seien. Leider sind diese Öle jedoch nur über den Großhandel und nur in Gebinden von mindestens 20, meist sogar 100 Litern erhältlich.
Teil II: neue Produkte auf dem Markt
Im ersten Teil unseres Schmierstoffreports hatten wir uns mit den Aufgaben beschäftigt, die das Öl im Motor übernehmen muß. Spezielle Oldtimer-Öle waren aber bis vor kurzem nur in Gebinden von mindestens 20, meist sogar 100 Litern erhältlich. Für die großen Konzerne insbesondere die in den USA beheimateten ist das kein Thema, vor allem, weil gerade in Amerika die echten Oldtimer nur einen verschwindend geringen Bruchteil des gesamten Fahrzeugbestands ausmachen (von den veralteten Konstruktionen neuesten Datums wollen wir hier nicht reden). In Europa dagegen ist die Lage doch etwas anders, besonders auf den britischen Inseln, die wahrscheinlich den weltweit größten prozentualen Anteil von Oldtimern stellen dürften. Kein Wunder also, daß sich die traditionsreiche Firma Castrol entschloß, die guten alten Einbereichsöle wieder aufleben zu lassen, um historische Motoren mit einem ihrer Verdauung förderlichen Schmierstoff zu versorgen. Daneben kümmert man sich auch noch um Öle für Getriebe und Hinterachsen, die so ausgelegt sind, daß sie bei einem Maximum an Druckfestigkeit dennoch alte Dichtungen nicht angreifen. Überdies gibt es vor allem für Renault-Getriebe ehrwürdigen Alters ein Getriebeöl der Viskosität SAE 140, das geeigneter ist, die Schaltbarkeit der in dieser Hinsicht kritischen Renault-Getriebe auch in heißem Zustand noch zu gewährleisten (andere Getriebe haben ihre Probleme, wenn sie kalt sind, und brauchen daher eher dünnere oder Mehrbereichsöle).
Die Motoröle von Castrol gibt es in den Viskositäten SAE 30 und SAE 50 als Einbereichsöle (entsprechend einem Winter- und einem Sommeröl), sowie als 20W-50 für Fahrzeuge etwa ab Baujahr 1960 mit Motor-Entlüftung in das Saugrohr (also sozusagen Neoklassiker). Bei der Konzeption dieser Öle wurde darauf geachtet, Schmier- und Druckeigenschaften zu gewährleisten, die für ältere Motoren mehr als ausreichend sind, gleichzeitig jedoch die Additive so abzustimmen, daß weder Lagermaterialien noch Dichtungen angegriffen werden. Für Getriebe und Hinterachsen stehen zwei Öle zur Verfügung: SAE 90 und SAE 140; beide, wie auch die Motoröle, auf rein mineralischer Basis und unschädlich für Dichtungen und Gummiteile. Neuerdings ist eine neue und bei uns bisher lange unbekannte Marke dabei, Öle für Klassiker zu vertreiben. Es handelt sich dabei um die in Australien beheimatete Firma Penrite, die in ihrem Heimatland zu den führenden Schmierstoffherstellern zählt. In Europa hingegen will man den Etablierten keine Konkurrenz machen und sich ausschließlich auf die Öle und Fette für alte Fahrzeuge konzentrieren. Dies aber sehr konsequent. Wie ernst man es damit meint, geht schon aus der Tatsache hervor, daß der Chef der europäischen Hauptniederlassung in England, Mr. McKenzie, extra von Luxemburg rund 500 km bis zu mir fuhr, um einen ganzen Nachmittag lang in einem anregenden Gespräch die Philosophie und die technischen wie tribologischen Aspekte (Tribologie ist die Wissenschaft, die sich mit Reibung und Schmierung befaßt) von Penrite Oils zu erläutern. Bei Penrite setzt man auf Mehrbereichsöle, die indessen einen relativ geringen Bereich überspannen, um die Verwendung möglichst dicker Grundöle zu ermöglichen, was weniger VI-Verbesserer erforderlich macht. Folglich gibt es so ungewöhnliche Sorten wie HRP 20W-60, 25W-60 (HRP 40) und 40-70 (HRP 50 ). Das letztere Öl ist vorwiegend für Motoren mit Wälzlagern (also hauptsächlich Motorräder) bestimmt, die vor 1960 gebaut wurden. Dabei geht man von der Tatsache aus, daß Kugel- und Rollenlager zwar sehr wenig Öl brauchen, dieses Öl aber besonders druckfest sein muß, weil die spezifische Belastung (also der Druck pro Quadratmillimeter) wegen der punktförmigen oder linearen Auflage der Wälzkörper wesentlich höher liegt als in einem Gleitlager, wo sich der Druck auf eine große Fläche verteilen kann. Diese Motoröle enthalten so wenig Additive wie möglich. Enthalten sind Detergents zur Reinigung des Motorinneren, jedoch keine Zusätze, um den Schmutz in der Schwebe zu halten, so daß sich dieser am Grund der Ölwanne absetzen kann.
Schirmt man bei einer Demontage noch die Pumpe z. B. durch eine etwa zwei Zentimeter hohe Wand ab, so wird damit vermieden, daß der Schmutz immer wieder neu angesaugt wird. Bei Motoren ohne wirksamen Ölfilter lebenswichtig! Bei sehr alten Motoren, die viele Jahre nicht mehr geöffnet wurden, kann sich in den Ölkanälen im Lauf der Zeit so viel Schlamm und Schmutz abgesetzt haben, daß die Verwendung eines Öls mit Lösemitteln zu einer Zerstörung des Motors führen kann, wenn all der in den Jahrzehnten angefallene Schmutz auf einmal gelöst und einige Male durch sämtliche Kanäle und Lagerstellen gespült wird. Da man früher keine brauchbaren Ölfilter kannte, sahen die Konstrukteure sogenannte Schlammfallen (englisch sludge traps) vor, in denen Schmutz und Abrieb durch die Zentrifugalwirkung drehender Teile abgelagert wurden. Besonders in manchen Kurbelwellen finden sich solche Schlammfänge bis in die fünfziger Jahre hinein (die NSU-Max war dafür ein bekanntes Beispiel, auch der hohle Hubzapfen der großen Moto Guzzis dient diesem Zweck). Da werden oft erstaunliche Mengen an Dreck gespeichert, die keinesfalls auf einen Schlag in den Schmierkreislauf gelangen dürfen. Daher bietet Penrite für diese Fälle das Shelsley-Sortiment in den gleichen Viskositäten wie oben, jedoch ohne Reinigungsadditive, um solche Motoren bis zur nächsten Überholung gefahrlos betreiben zu können. Außerdem sind die Shelsley-Öle auch für Motoren mit Zylinderschiebern (wie sie vor allem in England während der zwanziger Jahre u. a. von Daimler-GB gebaut wurden) und für Motoren mit Verlustschmierung geeignet. Früher waren für neue Motoren besondere Einfahröle vorgeschrieben. Heutige Fertigungstechniken machen deren Verwendung unnötig. Anders jedoch bei Überholungen, die durch eine Zylinderschleiferei vorgenommen werden. Da entsteht nach wie vor während der ersten 500 bis 1.000 Kilometer ein gewisser Verschleiß, der sogar erwünscht ist, damit sich Kolbenringe und Zylinderwand gegenseitig die Rauhigkeit nehmen, was notwendigerweise mit Verschleiß, vor allem an den Kolbenringen, verbunden ist. Deshalb ist die Oberfläche der Kolbenringe auch in den meisten Fällen nicht feinbearbeitet, um den Einlaufvorgang zu beschleunigen. Füllt man bei einem überholten Motor gleich zu Anfang ein Öl höchster Druckfestigkeit ein (z. B. Synthetik-Öl), so unterbleibt die motoreigene Feinstbearbeitung, was durch Verglasungen der Rauhigkeitsspitzen sogar nachteilige Folgen haben kann. Daher gibt es wieder ein spezielles Einfahröl (Running In Oil), das nach 500 Kilometern abgelassen und durch das vorgeschriebene Betriebsöl ersetzt wird. Für Hinterachsen und Getriebe stehen die Transoils 90, 140 und 250 zur Verfügung (alle dichtungs- und bronzefreundlich), außerdem gibt es für besonders trickreiche Schaltgetriebe (die sich, wie vorhin bereits angesprochen, kalt schwer schalten lassen) noch das Gear Box Oil 40 mit einer Viskosität von SAE 40 (entsprechend einem Getriebeöl EP 90).
Es würde zu weit führen, hier alle Penrite-Erzeugnisse aufzuführen, die neben Spezialölen für selbstsperrende Differentiale auch so ausgefallene Sachen wie ein besonderes Dämpferöl für SU-Vergaser umfassen, sowie wasserfeste Fette für Radlager, besondere Fette für Lenkgetriebe ältesten Datums und Fließfette für Getriebe, die auch bei kaum wirksamen Dichtungen nicht auslaufen, sondern fest an den Zahnrädern haften. Rund 30 Produkte rund um den Oldtimer werden von Penrite angeboten, so daß eine genau spezifizierte Anfrage ratsam ist. Wie macht es nun eigentlich eine Firma, eine so umfangreiche Palette auf einem doch relativ begrenzten Markt anzubieten? Mr. McKenzies Antwort ist einfach: Wir sind alle verrückt", sagt er. Man muß verrückt sein, um so was zu machen. Aber wir haben selbst alle Oldtimerfahrzeuge, und daher wissen wir, was die brauchen." Und wenn eine ganz bestimmte Sorte Öl für einen ganz bestimmten Zweck gebraucht wird, dann versucht man, das Öl mit der höchsten Qualität für diesen Zweck einzukaufen (die Penrite-Motoröle entsprechen der API-Klasse SH, die es erst seit kurzer Zeit überhaupt gibt), danach spricht man mit dem Additivhersteller (von dem beziehen auch die meisten großen Ölfirmen ihre Wundermittelchen) und legt genau fest, was in das Öl kommen muß. Und dann kommt bei einem Bedarf von sagen wir nur 1.000 Litern (weil es sich um ein äußerst seltenes Gefährt handelt) ein Preis heraus, daß jeden normalen Menschen der Schlag trifft. Also bestellt man 5.000 oder 10.000 Liter und hofft, daß man das Zeug irgendwann los wird. Ganz klar, daß solche Praktiken weit jenseits normaler Kaufmannschaft liegt, deshalb gibt sich ja auch kein Großkonzern damit ab. Dafür muß man eben wirklich verrückt sein
Zum Schluß wollen wir der Vollständigkeit halber noch auf einige Wundermittel eingehen, die zusätzlich in den Motor gekippt werden und diesen gegen jeden Verschleiß, Kondenswasser und Säurefraß immun machen sollen. Zumindest nach Angaben der Hersteller besagter Mittel. Da gibt es nun Zusätze, welche das Öl auch auf chemischem Weg verbessern sollen und solche, die sich auf die Wirkung von Festschmierstoffen verlassen. An Festschmierstoffen gibt es das gute alte Graphit, das jedoch innerhalb von Motoren keine Verwendung mehr findet; dann Festschmierstoffe auf Metallbasis (Zinkverbindungen in Hochleistungsölen wurden bereits erwähnt), vor allen Molybdändisulfid, eine Metall-Schwefel-Verbindung, unter dem Handelsnamen Molykote weltweit bekannt; und neuerdings PTFE-Zusätze (PTFE ist bei uns als Teflon vor allem als Beschichtung von Bratpfannen üblich), von denen Slick 50 der bekannteste ist. Ich möchte diese Mittel nun der Reihe nach vorstellen und sie vor allem hinsichtlich ihrer Eignung für alte Motoren beurteilen. Dabei muß berücksichtigt werden, daß eine solche Beurteilung nur aufgrund von Herstellerangaben erfolgen kann, und natürlich ist jeder Hersteller bemüht, sein Produkt nur von der positiven Seite zu zeigen. Da ist zunächst der Ölzusatz Mathé", der von einem österreichischen Professor und Rennfahrer gleichen Namens entwickelt wurde. Lange bevor es synthetische Öle gab, war es bereits möglich, mit diesem Ölzusatz die Schmierfähigkeit und die Druckfestigkeit des Ölfilms enorm zu steigern. Ich selbst habe damit beste Erfahrungen gemacht. Auch ein Oldtimerexperte wie der Sammler und Museumsbesitzer Fritz B. Busch fährt Mathé in seinen kostbaren Nobelkarossen, und ein mir bekannter Händler und Kfz-Meister hat über die Verbesserung von Laufeigenschaften und Kompressionswerten verschiedener Fahrzeuge genau Buch geführt. Insoweit stehen wir also hinsichtlich der Wirkung auf dem festen Boden gesicherter Erkenntnisse. Zu beachten ist, daß Mathé eine stark reinigende Wirkung hat, daher ist es bei Motoren, die lange nicht geöffnet wurden, mit Vorsicht einzusetzen. Persönlich würde ich lieber erst den Motor zerlegen, oder zumindest einen Motorreiniger in kleinen Dosen nach und nach zusetzen, mit mehreren Ölwechseln dazwischen. Ist ein Motor erst einmal richtig sauber, dann fällt in eingelaufenem Zustand auch nicht mehr viel Schmutz und Abrieb an. Natürlich gibt es auch von diesem Ölzusatz verschiedene Viskositäten, nämlich SAE 10, 30, 50, 90 und 140. Weiterhin wird noch ein Ölzusatz zur Schmierung von Zweitaktmotoren angeboten, sowie ein Heizölzusatz und ein Mittel, das dem Treibstoff von Dieselmotoren beigemischt wird, um die Einspritzpumpe zu schmieren und die Düsen zu reinigen, bzw. sauberzuhalten. Auch ein Universalschmierfett ist in der Produktpalette enthalten. Mathé verspricht ein Ölwechselintervall von 120.000 km, bei Filterwechsel nach jeweils 10.000 km. So gut das für moderne Motoren klingt für Oldtimer dürfte das nicht durchführbar sein. Wenn nämlich kein Ölfilter vorhanden ist, ergibt sich wieder das alte Problem ( Wohin mit dem Dreck?"), und daher muß meiner Meinung nach auch mit dem Ölzusatz das Öl ab und zu gewechselt werden, eben weil der fehlende Ölfilter keine Schmutzablagerung zuläßt. Dennoch spricht vieles für Mathé; zumindest können die Mehrkosten bei Verwendung eines billigen Grundöls wieder eingespart werden, ohne daß eine Leistungsminderung zu befürchten ist. Der Name Molykote hat bei uns seit vielen Jahren einen Bekanntheitsgrad, der kaum zu übertreffen ist. Und in der Tat kommt dies nicht von ungefähr. Festschmierstoffe wirken in der Weise, daß sich kleinste Teile des Schmiermittels in die mikrofeinen Poren und Unebenheiten des Metalls einbetten und auf diese Weise die Oberfläche glätten. Darüber hinaus verbessern die MOS-2-Teilchen die Notlaufeigenschaften bei Ölmangel (wie er besonders beim Starten eines Motors nach längeren Stillstand auftritt) ganz erheblich. Gerade für alte Motoren mit langer Laufzeit ist ein Molykote-Zusatz geeignet, weil die Riefen und Schadstellen in Gleitlagern ausgefüllt sind und damit die Laufeigenschaften verbessert werden. Bei neuen Motoren kann Molybdändisulfid ebenfalls das Einlaufen verbessern; jedoch dürfen die vorgeschriebenen Füllmengen nicht überschritten werden, weil sich der Abrieb aus den Weißmetallagern mit dem überschüssigen (!) Molybdändisulfid zu einer Paste verbinden kann, die sich, der Fliehkraft folgend, in den Hubzapfen absetzt und in Extremfällen die Ölaustrittsbohrung für das Pleuellager verstopfen kann, was sofortiges Fressen des Lagers zur Folge hat. Ich wäre nie auf so etwas gekommen, wenn ich einen solchen Fall nicht selbst gesehen hätte. Richtig angewendet, ist Molykote ein Segen gerade für alte Motoren, weil auch mit weniger druckfesten Ölen ein Maximum an Betriebsicherheit erreicht wird. Es ist übrigens eine gute Idee, vor dem Zusammenbau eines überholten Motors die Verschleißteile, wie Kolben, Ventilschäfte und Lagerschalen, mit Molykote zu beschichten (AF-Coating wird das genannt), um von vornherein die Reibung so weit wie möglich zu vermindern. Wie das geht, erfragt man am besten bei einer Werksvertretung.
Ein Produkt, das seit geraumer Zeit von sich reden macht, nennt sich Slick 50, kommt wie üblich aus den USA und ist ein Festschmierstoff, der (wieder einmal) wahre Wunder verspricht. Im Prinzip handelt es sich dabei um in Öl als Trägersubstanz enthaltenes PTFE (Polytetrafluorethylen), das unter dem Handelsnamen Teflon in der Industrie einen Ruf als verschleißfester Kunststoff mit vorzüglichen Gleiteigenschaften hat. Die Gleitbahnen moderner Werkzeugmaschinen sind heute größtenteils mit PTFE beschichtet, und auch als Material für schnellaufende Wellendichtringe hat es seine Eignung bewiesen. Nun also soll es im Motor genauso einmalige Vorzüge entfalten. Zunächst einmal kann man sich vorstellen, daß sich das Material wie jeder andere Festschmierstoff in die feinen Unebenheiten und Poren einbettet und diese ausfüllt. Das hatten wir ja schon anderweitig gehört. Nun aber soll PTFE noch mehr können: Durch eine spezielle Kombination mit streng geheimen Chemikalien soll es eine so starke Freundschaft zu Stahl und Eisen entwickeln (die von Hause aus keineswegs gegeben ist), daß sich die PTFE-Teilchen verzweifelt an alle Stahlteile klammern und sie nie wieder loslassen wollen. Dabei überziehen sie die Stahlteile sogar mit einem dünnen PTFE-Film, so daß keine direkte Berührung zwischen zwei Metallteilen mehr stattfinden kann. Die Folge: erheblich verminderter Verschleiß. Das ist ganz besonders in der Startphase wichtig. Wie ich ganz am Anfang bereits erklärt habe, läuft das Öl bei längerem Stillstand aus allen Lagerflächen weg, so daß beim Anlassen schlimmstenfalls (bei minderwertigem Öl) Trockenreibung, in jedem Fall aber zumindest Mischreibung entsteht, die rund 80 % des gesamten Motorverschleiß ausmacht. Das erklärt auch die hohen Kilometerleistungen von Fernfahrer-Lkw. Dies Motoren werden selten abgestellt; sie laufen Hunderte von Kilometern am Stück unter besten Schmierverhältnissen. Slick 50 nun nimmt für sich in Anspruch, den Verschleiß durch wesentlich verbesserte Notlaufeigenschaften beim Kaltstart erheblich zu senken. Man hat in den USA entsprechende Versuche durchführen lassen, die Selbiges bestätigen. Leider werden die mit Verschleißtests beauftragten Laboratorien nicht namentlich genannt (das einzige mit Namen erwähnte Labor führte lediglich Abgastests durch), und natürlich hat jeder Auftraggeber das Recht, einen Testbericht nur teilweise zu veröffentlichen. Hinzu kommt, daß die erwähnten Versuche vorwiegend an großvolumigen amerikanischen Automotoren vorgenommen wurden, die mit unseren Motoren nicht vergleichbar sind.
Es soll nicht verschwiegen werden, das die Flugmotorenfirma Pratt & Whitney mit Slick 50 ausgezeichnete Ergebnisse bei Verwendung als Schneidöl für Stanzwerkzeuge erzielt hat. Das läßt sich jedoch nicht auf Motoren übertragen. Und das Forschungszentrum der Nasa (Lewis Research Center) kann beim Einsatz von PTFE-Produkten in Gleitlagern keine Vorteile sehen. Es wäre daher ebenso interessant wie wichtig, ein unabhängiges deutsches staatliches Institut (z.B. eine technische Hochschule) mit der Prüfung solcher und ähnlicher Produkte zu betrauen und die Ergebnisse in ganzer Länge zu veröffentlichen. Wenn alles mit rechten Dingen zugeht, sollten sowohl die Produzenten und Vertreiber solcher Produkte wie auch die potentiellen Kunden einigen Nutzen daraus ziehen können. Ich selbst kann zu Slick 50 nichts sagen; ich kenne auch niemanden, der persönliche Erfahrungen mit diesem Ölzusatz gemacht hat. Ich bat vor einem Jahr um entsprechende Berichte; es hat sich aber nichts getan. Nur eine Reaktion war bemerkenswert: Ich stellte die Frage, was wohl die scharfkantigen Kolbenringe mit dem weichen PTFE an der Zylinderwandung anstellen würden. Darauf schrieb mir eine Firma, die ebenfalls einen Ölzusatz auf PTFE-Basis herstellt, sinngemäß folgendes: Die PTFE-Teilchen würden sich in die Poren des Metalls einbetten und könnten demzufolge nicht abgeschabt werden. Das ist technisch fundiert und logisch. Eine Seite weiter aber wird behauptet, das Produkt sei in der Lage, bei einem Motor von etwa 150.000 km Laufleistung alle Verschleißerscheinigungen so weit zu beseitigen, daß besagter Motor innerhalb der nächsten 50.000 km immer besser und schließlich mindestens so gut wie ein neuer werde! Das würde bedeuten, daß ein um fünf Hundertstel Millimeter ovaler Kurbelzapfen wieder rund, der am oberen Ende blumenvasenartig geweitete Zylinder wieder gerade werden müßte, die ausgeschlagenen Kolbenringnuten nebst Ringen wieder ihr Originalmaß erhalten und die um zwei Zehntel ausgeleierten Ventilführungen mit den angeknabberten Ventilschäften wieder zu ihrer einstigen Passung zurückfinden würden. Von den eckig abgelaufenen Nocken und Schlepphebeln gar nicht zu reden. Wer das fertigbringt, der kann auch aus Blei Gold machen und braucht dann keinen Ölzusatz zu verkaufen.
Von solchen zweifelhaften Behauptungen ist die Firma Petrolon, der Hersteller von Slick 50, glücklicherweise weit entfernt. Bemerkenswert übrigens, daß für Motorradmotoren eine andere Formel verwendet wird als für Autos. Das mag daran liegen, daß eben amerikanische Automotoren um Welten hinter der Leistungsausbeute moderner Motorradmotoren herhinken, während die hubraumschwachen Schnell-Läufer europäischer Herkunft bedeutend näher am Motorradstandard liegen. Daher sollten Versuchsreihen mit europäischen Motoren gefahren werden, um aussagefähige Daten zu erhalten. Wesentlich ist, daß die PTFE-Beschichtung nur einmal erfolgt und dann über mehrere 10.000 km erhalten bleiben soll. Das Material soll auch nicht verbrennen (dabei würde Dioxin entstehen) und auch sonst keine nachteilige Wirkung auf die Umwelt haben. Falls alle diese Herstellerangaben zutreffen, sollte eine Behandlung mit einem derartigen Präparat gerade bei alten und überholten Motoren (nach Einlaufzeit) von Interesse sein. Leser, die eigene Erfahrungen damit vorweisen können, werden gebeten, darüber zu berichten.
Gerade für alte Motoren ist jede Information wichtig, die geeignet ist, das Leben dieser oft einmaligen Beispiele früher Ingenieurkunst zu erhalten.
Nicht ganz dicht?
Additive gegen Ölverlust was können sie leisten?
In den Regalen der Autoteile- und Zubehörhändler
stehen sie reihenweise, die Öladditive, die schon mit ihrem Namen Wundersames
versprechen:
DropStop heißen sie, Lec-Wec oder auch Ölverlust-Stop um nur einige
zu nennen. Wie arbeiten diese Additive, die lecke Dichtungen kurieren sollen?
Und halten sie, was sie versprechen? Wir haben es ausprobiert.
Ein undichter Motor ist ein echtes Ärgernis, und das
nicht erst, seit das Umweltbewußtsein allerorten stark gewachsen ist.
Auch vor 30 Jahren, als ein
großer Ölfleck unterm Auto allgemein noch beinahe toleriert wurde,
war starker Ölverlust bereits ein Erheblicher Mangel" im TÜV-Prüfbericht.
Der Grund für kleine oder auch größere Öllecks
ist praktisch immer der gleiche von beschädigten außen liegenden
Leitungen, losen Verschraubungen,
Beschädigungen an Dichtflächen von Gehäuseteilen oder gar einem
gerissenen Motorblock einmal abgesehen. Fast immer weigert sich bösartigerweise
eine Dichtung, ihrer Lebensbestimmung nachzukommen, und hält nicht mehr
länger dicht. Daß es sich dabei ausgerechnet um einen Pfennig-Artikel
handelt, macht die Sache nur doppelt ärgerlich, denn meist erfordert es
der Austausch der maladen Dichtung, den Motor oder das Getriebe weitgehend
zu zerlegen.
Die Idee, dem Problem durch einfache Beigabe eines Additivs
zum Öl beizukommen, ist da natürlich mehr als reizvoll. Nun ist die
Art der in
Oldtimer-Motoren verwendeten Dichtungen mannigfaltig: Flachdichtungen, um Gehäuseteile
gegeneinander abzudichten, gibt es beispielsweise aus
Metall, Kork oder auch Papier. O-Ringe und Wellendichtringe werden aus diversen
Kunststoffen hergestellt, und manche Kurbelwellen wurden (bei
Pkw bis in die siebziger Jahre!) zum Beispiel mit graphierten Asbestschnüren
in Ringnuten abgedichtet. Speziell bei vielen englischen Fahrzeugen findet
man den zweiteiligen Burman-Ring eine ganz ähnliche Lösung, die auch
mit einer Asbest-Dichtlippe" arbeitet und Filzdichtringe sind aus älteren
Motoren ebenfalls wohl bekannt. Schließlich weisen viele ältere Motoren
(obwohl der Wellendichtring bereits 1939 erfunden wurde) lediglich
Ölrücklaufgewinde zur Abdichtung der Kurbelwelle im Gehäuse auf.
Die Frage liegt auf der Hand: Welchen Einfluß wenn
überhaupt haben die erwähnten Additive auf welche dieser Dichtungen?
Die Aussage der Firma
MVG in Soltau, die die bekannten MATHÉ-Additive (darunter auch DropStop)
vertreibt, ist eindeutig und deckt sich mit der befragter Chemiker:
Elastomere Dichtungen, so benannt nach der Art des Kunststoffs, aus dem sie
im Wesentlichen bestehen, verspröden mit der Zeit. Sie enthalten
Weichmacher, die sich teils durch den beständigen Kontakt mit Öl,
vor allem aber durch die thermischen Belastungen verflüchtigen". Elastomere
Dichtungen sind weit verbreitet, darunter fallen die meisten Wellendichtringe,
O-Ringe, aber auch Ventilschaftdichtungen.
DropStop enthält nach Herstellerangabe den Weichmacher
Di-N-Butyl-Maleinat, den die elastomeren Kunststoffe bei Kontakt aufnehmen,
ähnlich wie
die menschliche Haut eine Hautcreme. Die Dichtringe quellen so behandelt geringfügig
auf, vor allem gewinnen aber die Dichtlippen ihre Elastizität
zurück und kommen ihrer Aufgabe wieder nach.
Die Wirkung des Additivs beschränkt sich auf die erwähnten
elastomeren Dichtungen. Auf natürliche Stoffe wie Papier oder Kork, aber
auch auf
Metalldichtungen hat DropStop nach Aussage von MVG keinen regenerierenden"
Einfluß. Für die in letzter Zeit vermehrt auftauchenden
Wellendichtringe aus Silikon-Kunststoffen bestehen noch keine gesicherten Erkenntnisse
über die Effektivität der Additive, ein Verspröden von
Silikon-Dichtringen wird aber allgemein als unwahrscheinlich beurteilt. Wichtig
in diesem Zusammenhang: Ein negativer Einfluß des Additivs auf
Silikonkunststoffdichtungen kann nach Herstellerangaben ausgeschlossen werden,
insbesondere fluorierte Silikone besitzen eine hervorragende
chemische Beständigkeit.
Auch Lec-Wec des Herstellers Chambers arbeitet mit Weichmachern
als Wirkstoff, die den Elastomer-Dichtungen ihre alte Flexibilität zurückgeben
sollen. Chambers gibt zwar an, in 60 bis 65 Prozent aller Fälle dank der
hohen Oberflächenspannung von Lec-Wec auch bei feineren (Haar-)Rissen in
Dichtungen anderen Materials beispielsweise Papier, Kork oder Metall eine positive
Wirkung zu erzielen, sichert hier auf unsere Rückfrage hin aber
keinen Erfolg zu.
Doch genug der grauen Theorie. In der Praxis testeten wir
Lec-Wec an einem älteren Peugeot 306 Diesel, der starken Ölverlust
an einem
Wellendichtring der Nockenwelle aufwies ein durchaus verbreiteter Mangel. Genau
nach Herstellervorgabe gaben wir dem Motoröl drei Prozent des
Additivs bei (Preis: 59,90 Mark für 100 Milliliter). Tatsächlich verschwand
das Problem daraufhin im Laufe einiger Tage (während dieser Zeit
zurückgelegte Distanz: rund 600 Kilometer) praktisch völlig. Lediglich
vereinzelt trat noch der eine oder andere Tropfen des Schmierstoffs aus. Der
wahrscheinliche Grund für den nicht hundertprozentigen Erfolg kam einige
Zeit später ans Tageslicht, als eine defekte Zylinderkopfdichtung es
erforderlich machte, den Motor teilweise zu zerlegen. Die Wellendichtringe der
obenliegenden Nockenwelle hatten sich tief in die Welle eingearbeitet
und dabei selbst an den Dichtlippen erheblichen Schaden genommen. Um so erstaunlicher
scheint es uns angesichts dieser Schadensdiagnose, daß der
Ölverlust zuvor dennoch weitestgehend gestoppt werden konnte.
DropStop testeten wir an einer fast neuen Harley-Davidson,
die starken Ölverlust an einem Wellendichtring des Getriebes zeigte das
Öl floß regelrecht
aus dem Gehäuse des Räderwerks. 250 Milliliter dieses Additivs kosten
den stolzen Preis von 99,95 Mark und reichen laut Produktbeschreibung als
Zusatz für vier Liter Öl aus. Auch hier hielten wir uns in Sachen
Dosierung exakt an die Anweisungen des Herstellers und waren von dem Ergebnis
überzeugt: Das Getriebe war nach dem Einsatz von DropStop wieder vollkommen
dicht, wobei das Additiv seine Wirkung entfaltete, ohne daß das
Motorrad in dieser Zeit überhaupt eingesetzt wurde.
Unser Fazit: Zumindest bei den geschilderten Dichtigkeitsproblemen
an elastomeren Dichtringen haben sich beide Additive bewährt. Die Wirksamkeit
der Additive auf andersartige Dichtungen ist indes nicht belegt, weshalb wir
werbenden Versprechungen wie für alle lecken Dichtungen" skeptisch
gegenüberstehen. Außerdem wichtig: Die Zusatzstoffe können die
erwähnten Dichtringe nur bis zu einem bestimmten Punkt regenerieren",
auf keinen
Fall aber reparieren, beispielsweise kleben. Liegen mechanische Beschädigungen
der Dichtlippen vor, ein Riss oder ein Schnitt etwa, hilft daher letztlich
nur ein neuer Dichtring. Und auch bei beschädigten Dichtflächen oder
eingelaufenen Wellen können DropStop, Lec-Wec oder andere vergleichbare
Mittel bestenfalls das Übel kaschieren, aber nicht dauerhaft kurieren.
Wichtig laut Aussage beider Anbieter: die korrekte Dosierung
der Additive. Denn viel hilft nicht immer viel... Aber wahrscheinlich halten
schon die
happigen Preise die Käufer davon ab, es zu übertreiben. Billiger,
als einen Motor, ein Getriebe oder eine Achse zu zerlegen und neu abzudichten,
sind
die Ölzusätze in jedem Fall und schon deshalb einen Versuch wert solange
es um einen lecken Dichtring geht.
Hermann Rauh
© ulis
aktualisiert am
26.11.02
ulis-ifa@gmx.net